BBMRI.at Legal Knowledge Base
Rechtliche Fragen & Antworten: Informierte Einwilligung im Biobanking: Welche rechtlichen Aspekte gibt es für Tierhalter*innen?
Mit der aufschlussreichen Unterstützung der Kolleginnen von BBMRI.at Monika Wieser und Ingrid Walter von der VetMedUni beschäftigt sich UNIVIE mit dem Thema der informierten Einwilligung im Rahmen des veterinärmedizinischen Biobankings, mit den rechtlichen Aspekten für Tierhalter*innen zum Thema der informierten Einwilligung.
BBMRI.at Legal Helpdesk
Der BBMRI.at Legal Helpdesk Service – betrieben von Rechtsexpert*innen des BBMRI.at-Partners UNIVIE – beantwortet Fragen zu rechtlichen und regulatorischen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Biobanking und/oder der Verwendung biologischer Proben und Daten. Dieser Service wird BBMRI.at-Partnern zur Unterstützung angeboten, da Biobanking und Forschung mit biologischen Proben und Daten (z.B. menschlich, tierisch/veterinär, mikrobiell, etc.) rechtliche Fragen aufwerfen können. Die Antworten von UNIVIE auf rechtliche Fragen werden in der BBMRI.at Knowledge Base veröffentlicht.
FRAGE:
Rechtliche Fragen & Antworten: Einwilligung nach Aufklärung für Tierhalter*innen im Veterinär-Biobanking
ANTWORT:
1. Einführung
Neben Biobanken, in denen menschliche Proben und Gewebe gelagert werden, gibt es auch tiermedizinische Biobanken. In veterinärmedizinischen Biobanken werden Proben von Tierpatienten für die künftige Verwendung aufbewahrt, u. a. für die Erforschung der Gesundheit von Mensch und/oder Tier.[1] Die Proben werden mit dem Einverständnis der Tierbesitzer*innen gesammelt und aufbewahrt.[2] Es können verschiedene Arten von Proben und zugehörigen Daten gesammelt werden, z. B. gesunde oder kranke Bioproben. [3] LaLonde Paul et al. berichten, dass „hochmoderne veterinärmedizinische Biobanken einen weiteren Beitrag zu genauen, reproduzierbaren Forschungsergebnissen leisten können, indem sie bewährte Praktiken und/oder internationale Standards übernehmen und Standardarbeitsanweisungen sowie internationale und staatliche Vorschriften für die ethische Entnahme von Proben von Haushunden befolgen“ [aus Englisch übersetzt]. [4] Veterinärmedizinische Biobanken stellen eine Möglichkeit für den One-Health-Ansatz der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dar, dessen Ziel es ist, die Gesundheit von Menschen, Tieren und ganzen Ökosystemen auszugleichen und zu optimieren. Proben aus veterinärmedizinischen Biobanken können zum Beispiel in der vergleichenden Onkologie verwendet werden[5].
Das Verfahren zur Gewinnung von Proben für tierärztliche Biobanken kann wie folgt beschrieben werden. Haustiere werden in der Klinik zur Diagnose, Therapie, Kastration/Gesundheitskontrolle vorgestellt, und biologisches Material wird entnommen, wenn es für die Behandlung, Diagnose oder Therapie erforderlich ist. Überschüssiges Material kann mit Zustimmung des*r Besitzers*in für Forschungszwecke (in tierärztlichen Biobanken) aufbewahrt werden. In Österreich wird kein zusätzliches Material entnommen, das über das hinausgeht, was für die Behandlung des Tierpatienten erforderlich ist, um dem Tier keine zusätzlichen Unannehmlichkeiten zu bereiten.[6] Innerhalb des BBMRI.at-Knotens archiviert die VetBioBank der VetMedUni Wien biologische Proben tierischen Ursprungs in einer Biobank. Dieser Prozess erfolgt unter Anwendung „modernster“ Qualitätsstandards für reproduzierbare Forschungsergebnisse[7].
Im Zusammenhang mit der Spende von Tierproben an veterinärmedizinische Biobanken gibt es einige rechtliche Aspekte, die von Tierhalter*innen zu beachten sind. Dieser kurze Beitrag befasst sich mit den rechtlichen Aspekten in der EU und in Österreich in Bezug auf Tierschutz und Biobanking.
2. Rechtliche Aspekte des Tierschutzes
Generell ist das veterinärmedizinische Biobanking weder auf EU- noch auf österreichischer Ebene ausdrücklich geregelt, es gibt jedoch einige Rechtsvorschriften zum Tierschutz im Allgemeinen.
1. Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV):[8]Der AEUV ist ein Text des primären EU-Rechts, der für alle EU-Mitgliedstaaten gilt. Artikel 13 schreibt vor, dass sowohl die EU als auch die Mitgliedstaaten bei der Durchführung und Gestaltung ihrer Politik in den Bereichen Landwirtschaft und Verkehr, aber auch in der Forschung und technologischen Entwicklung dem Tierschutz in vollem Umfang Rechnung tragen müssen. Das gesamte Sekundärrecht sowie die nationalen Gesetze müssen daher das Wohlergehen von Tieren als fühlende Wesen wahren.
2. Österreichisches Tierschutzgesetz – (TSchG): [9]Dieses Gesetz schützt das Leben und das Wohlergehen von Tieren auf der Grundlage der besonderen Verantwortung, die der Mensch gegenüber Tieren als Mitgeschöpfen hat.[10] Es verbietet unter anderem Tierquälerei, enthält allgemeine Grundsätze für Tierhalter*innen sowie spezifische Bestimmungen über die Tierhaltung, die Registrierung von Hunden und Zuchtkatzen.
3. Europäisches Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren:[11] Dieses Übereinkommen enthält Vorschriften zum Schutz von Heimtieren, die definiert werden als „ein Tier, das der Mensch insbesondere in seinem Haushalt zu seiner eigenen Freude und als Gefährten hält oder das für diesen Zweck bestimmt ist.“[12]. Es schreibt Grundprinzipien für den Tierschutz vor, die besagen, dass niemand Heimtieren unnötige Schmerzen oder Leiden zufügen oder ein Heimtier aussetzen darf.[13] Österreich hat das Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert.
Veterinärmedizinische Biobanken müssen die Grundsätze des Tierschutzes befolgen und sicherstellen, dass die Entnahme von Proben den Tieren keine Schmerzen oder Leiden verursacht und dass alle erforderlichen Genehmigungen eingeholt werden. Zusätzlich zu den gesetzlichen Anforderungen sollten Forschende, die in Biobanken oder mit Biobank-Proben arbeiten, weiche Gesetze und Richtlinien für die wissenschaftliche Forschung befolgen, einschließlich der Kodizes für gute wissenschaftliche Praxis, die von ihren Forschungseinrichtungen bereitgestellt werden.
3. Rechtliche Aspekte für Tierbesitzer*innen VetBioBank
Wenn Tiebesitzer*innen das Klinikum der VetMedUni zum ersten Mal besuchen, wird den ein Formular zur Eigentumsübertragung vorgelegt. DieTierbesitzer*innen können bei der Entnahme Einverständnis geben, das Eigentum an biologischem Material (z.B. Körperflüssigkeiten, Gewebeproben, Organteile), das dem Tier während des Klinikaufenthalts zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken entnommen wurde, auf die VetMedUni zu übertragen. Dies gilt nicht für Blutprodukte, Stammzellen, Sperma und Eizellen, die dem Tier zu Reproduktionszwecken entnommen wurden.
Überschüssiges Material kann in der VetBioBank gelagert werden. Die Biobank speichert nur die Proben und Informationen über das Tier (z.B. Name, Diagnose), sie speichert keine persönlichen Daten des/der Tierhalter*in.
4. Schlussfolgerung
Veterinärmedizinische Biobanken bieten eine große Chance, die Gesundheit von Tier und Mensch im Sinne des One-Health-Ansatzes zu optimieren. Tierärztliche Biobank-Einrichtungen können überschüssige Proben von Tierpatienten aufbewahren, sofern die Tierbesitzer*innen der Übertragung des Eigentums an dem überschüssigen biologischen Material ihres Tieres zugestimmt haben. Um das Wohlergehen der Tiere zu respektieren und den Tierpatienten keine zusätzlichen Unannehmlichkeiten zu bereiten, werden keine zusätzlichen Proben entnommen, die über das hinausgehen, was für therapeutische oder diagnostische Zwecke erforderlich ist, wenn der Patient in einer Tierklinik vorgestellt wird. Veterinärmedizinische Biobanken, wie die VetBioBank in Wien, halten sich bei der Lagerung ihrer Proben an gesetzliche Verpflichtungen und hohe Qualitätsstandards.
Hinweis: Dies ist eine Übersetzung der ursprünglichen Antwort auf Englisch. Die ursprüngliche Antwort ist als PDF verfügbar (siehe unten). Im Zweifelsfall konsultieren Sie bitte die auf Englisch verfasste Version der Antwort.
Quellen:
[1] Richard McEnhill, Holly Borghese and Sarah A. Moore, „“ (2024) Frontiers in Veterinary Science 1, 1.
[2] Ebenda.
[3] Linn F. Groeneveld et al., „Domesticated Animal Biobanking: Land of Opportunity“ (2016) 14 PLoS Biol 1, 2.
[4] D. LaLonde Paul et al., „Banking on a New Understanding: Translational Opportunities from Veterinary Biobanks“ (2023) 45 GeroScience 1439, 1440.
[5]Monika Wieser, „‘Unlocking the Power of Veterinary Samples – A Promising Source for “One Health” Research“, https://bbmri.at/wp-content/uploads/2024/10/nNwsartikel-NR_2024-10_Vet-sample-potential-for-one-health_slides_BBMRI.at-VetBiobank.pdf, abgerufen am 24. Oktober 2024.
[6] Siehe z. B. Bundesgesetz über Versuche an lebenden Tieren (Tierversuchsgesetz 2012 – TVG 2012), BGBl. I Nr. 114/2012.
[7] VetMedUni, „VetBiobank“, https://www.vetmeduni.ac.at/vetcore/research-units/research-units/vetbiobank, abgerufen am 16. Oktober 2024.
[8] Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union [2012] ABl. C326/47, Art. 13.
[9] Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG), BGBl. I Nr. 118/2004.
[10] Ebenda §1.
[11] Europäisches Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren, ETS Nr. 125 (in Kraft seit 1. Mai 1992).
[12] Ebenda Art. 1 Abs. 1.
[13] Ebenda Art. 3.
Hinweis: Dieser Kommentar soll eine Zusammenfassung der wichtigsten ethischen und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den von interessierten Kreisen gestellten Fragen bieten und sie auf die einschlägigen anwendbaren Rechtsvorschriften verweisen. Er schließt jedoch die Lektüre der offiziellen Rechtsquellen zu den in diesem Dokument behandelten Themen sowie der von den Autor*innen zitierten Rechtsquellen nicht aus und stellt keine Rechtsberatung dar.