BBMRI.at Legal Knowledge Base

Rechtliche Fragen & Antworten: Können biologische Humanproben verkauft werden?

Da Proben (neben Daten) wohl die Grundlage jeder Biobank sind, ist es wichtig zu wissen, wie Biobankakteure ihre Probensammlungen aufbauen können. BBMRI.at Partner UNIVIE beschreibt die wichtigsten Bestimmungen, die sowohl im Rechtsrahmen der Europäischen Union als auch in der österreichischen Rechtslandschaft gelten.

BBMRI.at Legal Helpdesk

 

Der BBMRI.at Legal Helpdesk Service – betrieben von Rechtsexpert*innen des BBMRI.at-Partners UNIVIE – beantwortet Fragen zu rechtlichen und regulatorischen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Biobanking und/oder der Verwendung biologischer Proben und Daten. Dieser Service wird BBMRI.at-Partnern zur Unterstützung angeboten, da Biobanking und Forschung mit biologischen Proben und Daten (z.B. menschlich, tierisch/veterinär, mikrobiell, etc.) rechtliche Fragen aufwerfen können. Die Antworten von UNIVIE auf rechtliche Fragen werden in der BBMRI.at Knowledge Base veröffentlicht.

 

FRAGE:

Rechtliche Fragen & Antworten: Können biologische Humanproben verkauft werden? 

 

ANTWORT: 

International, Europäische Union und österreichische Rechtslandschaft 

 

Biobanken müssen als Verwahrer von Proben und Daten von Teilnehmer*innen an Forschungsprojekten die allgemeinen Grundsätze einhalten, die für die wissenschaftliche Forschung in der Europäischen Union (EU) gelten. So ist beispielsweise in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (CFREU), insbesondere in Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe c, das Verbot verankert, den menschlichen Körper und seine Teile zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen. Auch in anderen rechtsverbindlichen internationalen Verträgen wie der Oviedo-Konvention1 – namentlich in Artikel 21 dieses internationalen Vertrages – ist ein Verbot der Verwertung des menschlichen Körpers und seiner Teile verankert. Obwohl Österreich nicht zu den Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens gehört und es daher hierzulande nicht anwendbar ist, trägt das Dokument dazu bei, den globalen Kontext der Zulässigkeit des Verkaufs von biologischen Proben des Menschen zu bestimmen.

 

Andere EU-Rechtsvorschriften, wie die Richtlinie über Gewebe und Zellen2, „[…] decken nicht die Forschung unter Verwendung menschlicher Gewebe und Zellen ab, z. B. wenn diese für andere Zwecke als die Verwendung im menschlichen Körper verwendet werden“ (Erwägungsgrund 11, Hervorhebung hinzugefügt). Für Biobanken, die zur Verwendung beim Menschen bestimmte Gewebe und Zellen aufbewahren, ist jedoch anzumerken, dass Artikel 12 Absatz 2 der Richtlinie als einen der Grundsätze für die Spende von Geweben und Zellen festlegt, dass „[…] die Mitgliedstaaten streben danach, sicherzustellen, dass die Beschaffung von Geweben und Zellen als solche auf nichtkommerzieller Grundlage erfolgterfolgt“. (Hervorhebung hinzugefügt).

 

Die SoHO-Verordnung3 (zur Aufhebung der Richtlinie über Gewebe und Zellen gemäß Artikel 85 des Rechtsakts) steht im Einklang mit diesem allgemeinen Grundsatz. Darin heißt es, dass die SoHO-Verordnung „[…] nicht für die Forschung mit SoHO bestimmt ist, wenn diese Forschung keine Anwendung am Menschen vorsieht […]“ (Erwägungsgrund 60, Hervorhebung hinzugefügt). Dennoch sollte „[…] die Spende von SoHO, die ausschließlich für die Forschung ohne Anwendung am Menschen bestimmt ist, ebenfalls den in dieser Verordnung festgelegten Standards für freiwillige und unentgeltliche Spenden entsprechen“ (Erwägungsgrund 60, in fine). Dies wird im Hauptteil des Rechtsakts, insbesondere in Artikel 54 Absatz 6, bekräftigt.

 

Diese Bestimmungen (sowohl auf EU- als auch auf internationaler Ebene) gelten jedoch nur „[…] zwischen dem ersten Übergeber (Spender*in) und dem ersten Übernehmer […]“. d. h. das Verbot des finanziellen Gewinns „[…]4 betrifft nur den menschlichen Körper und seine Teile ‚als solche‘, was nach gängiger Auslegung ein Ausdruck ist, der sich auf den menschlichen Körper und seine Teile bezieht, wenn sie nicht Gegenstand einer Umwandlung waren“5 [übersetzt aus Englisch]. Das Verbot des finanziellen Gewinns würde nicht gelten, wenn eine Biobank eine menschliche biologische Probe umwandelt oder verarbeitet und sie an eine andere Biobank oder Forschungseinrichtung weitergibt.6

 

Was den Verkauf von Proben zwischen Spender*innen und Biobanken (oder anderen Erstempfängern, zu Forschungszwecken oder zu kommerziellen Zwecken) betrifft, so gibt es rechtliche Argumente – insbesondere auf der Grundlage des Rechts auf Ausübung der Privatautonomie -, die die Auslegung unterstützen, dass ein finanzieller Gewinn zugunsten der Spender*in nicht unzulässig wäre.7

 

 

HinweisDies ist eine Übersetzung der ursprünglichen Antwort auf Englisch. Die ursprüngliche Antwort ist als PDF verfügbar (siehe unten). Im Zweifelsfall konsultieren Sie bitte die auf Englisch verfasste Version der Antwort.

Quellen: 

[1] Europarat. Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Würde des Menschen im Hinblick auf die Anwendung der Biologie und Medizin: Übereinkommen über die Menschenrechte und Biomedizin, 1997.

[2] Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Prüfung, Verarbeitung, Aufbewahrung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen.

[3] Verordnung (EU) 2024/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Substanzen menschlichen Ursprungs, die für den menschlichen Gebrauch bestimmt sind, und zur Aufhebung der Richtlinien 2002/98/EG und 2004/23/EG.

[4] Santamaría, E. (2017). Contracts on Human Biological Samples: the European Prohibition of Financial Gain from the Human Body and its Parts. European Review of Contract Law, 13(2), S. 195-214, S.200

[5] Ebenda.

[6] Siehe §132 des EUROPARATES. Erläuternder Bericht zum Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Würde des Menschen im Hinblick auf die Anwendung der Biologie und Medizin: Übereinkommen über die Menschenrechte und Biomedizin. Oviedo, 4. IV. 1997, S. 20.

[7] Santamaría, E., Op. Cit., S. 211 und ff.

 

 

HinweisDieser Kommentar soll eine Zusammenfassung der wichtigsten ethischen und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den von interessierten Kreisen gestellten Fragen bieten und sie auf die einschlägigen anwendbaren Rechtsvorschriften verweisen. Er schließt jedoch die Lektüre der offiziellen Rechtsquellen zu den in diesem Dokument behandelten Themen sowie der von den Autor*innen zitierten Rechtsquellen nicht aus und stellt keine Rechtsberatung dar.